Biologischer und biodynamischer Wein

Biowein (Frankreichbezug)

Eigentlich ist es ja eine Perversion. Winzer, die nach ökologischen Prinzipien Weinbau betreiben und ihren Wein entsprechend bewerben wollen, müssen unter einem Biosiegel zertifiziert sein. Eine Kennzeichenpflicht für die Verfechter der Agrochemie besteht jedoch nicht. Eigentlich wäre ja hier ein Warnhinweis angebracht, eigentlich. Aber bitte, da haben schon größere Geister als ich rauchende Köpfe bekommen.

Biowein entsteht zuallererst im Weingarten. Der ökologische Landbau verbietet die Verwendung von synthetisch-chemischen Substanzen und gentechnisch veränderten Organismen. Mechanische Bodenbearbeitung ist obligatorisch, die Bodenfruchtbarkeit muss erhöht werden (Gründüngung, Kompost) und die Förderung der biologischen Vielfalt im Weingarten ist wichtig, um Schädlinge durch ihre natürlichen Feinde im Zaum zu halten. Der ökologische Landbau erlaubt bei unbedingt notwendigem Bedarf die Verwendung von ausgewählten Produkten für den Pflanzenschutz, darunter fällt das Spritzen von Kupfersulfat, um der Pilzbildung Herr zu werden.

Auch im Weinkeller gilt es einiges zu beachten:

  • Es dürfen nur Zutaten aus 100 % biologischem Anbau (Trauben, Zucker, Alkohol, rektifizierter (eingedickter) konzentrierter Most) zum Einsatz kommen.
  • Einschränkungen oder Verbote bestehen bei der Verwendung bestimmter kellereitechnischer Verfahren (z.B. sind Entalkoholisierung oder Elektrodialyse verboten).
  • Nur eine eingeschränkte Liste önologischer Zusatz- und Hilfsstoffe ist erlaubt.
  • Es gibt eine strengere Beschränkung des Gesamt-Schwefelgehalts im Wein.

Wenn sich ein Winzer entschließt, von konventionellem Weinbau auf biologischen umzusatteln, muss er eine mindestens dreijährigen Prozess der Umstellung (Conversion Bio) durchlaufen, bis er das Biosiegel erlangen kann.

Apropos Biosiegel: Drei unterschiedliche Siegel können auf einer Weinflasche aus Frankreich zu finden sein. Das europäische in Form eines Blattes mit der Aufschrift FR-BIO-01 oder -10 (je nach Zertifizierungsstelle), und/oder das französische AB (Agriculture Biologique). Der Verein Nature & Progrès, der sich seit 1964 für die Agrarökologie einsetzt, hat eigene Spezifikationen für Bioweine. Dieses Label ist anspruchsvoller als das europäische Label in Bezug auf die Weinbereitung und die Menge der zugesetzten Sulfite.

Im Jahr 2019 waren frankreichweit 12 % der Weinbergsflächen biozertifiziert oder in Umstellung begriffen, mit Steigerungsraten von gut 15 % pro Jahr. Wichtig ist es mir zu erwähnen, dass etliche kleinere Weinbauern sich nicht den Zertifizierungsstrapazen und vor allem Kosten unterwerfen wollen oder können und auf ein Label verzichten, trotzdem aber vollbiologisch arbeiten. Auf den Flaschenetiketten ist das nicht erkennbar. Wie überall ist es natürlich eine Vertrauensfrage, den Behauptungen Glauben zu schenken. Trittbrettfahrer sind auch in der Weinszene keine Ausnahme.

Eine Vorstufe zu den Biosiegeln sind Labels, die ebenfalls gute, nachhaltige Bewirtschaftungsweisen mit geringem Chemieeinsatz garantieren, wie z.B. HVE (Haut Valeur Environnementale – Hoher Umweltstandard) oder Terra Vitis.

Biologischer Wein Biosiegel
Biosiegel

Biodynamischer Wein

Noch strenger und konsequenter in der Beachtung ökologischer Prinzipien handeln Winzer, die sich der Biodynamie verschrieben haben. Ich tu mir ein bissl schwer mit den ziemlich esoterisch angehauchten Lehren des Anthroposophen Rudolf Steiner aus den 1920er Jahren und seinen manchmal fundamentalistischen Vertretern. Mondphasen, naja, wer daran glauben will, aber kosmische Einflüsse und Kräfte, vergrabene Kuhhörner und daraus in Wasser verrührte (dynamisierte) Präparate triften für mein Empfinden schon sehr in den Hokuspokus. Da meldet sich meine naturwissenschaftliche Ausbildung protestierend zu Wort.

Sei’s wie es sei, die Biodynamiker behandeln ihre Böden, die Reben und den Wein sehr behutsam und sorgfältig. Im Vergleich auch zu Bioweinen kommen viel weniger fragwürdige Hilfsmittel in der Kellertechnik zum Einsatz, grundsätzlich ein sehr begrüßenswerter Ansatz. Die Ergebnisse sprechen meist für sich. Biodynamische Weine wirken erstaunlich lebendig und spannungsgeladen.

Die Kriterien zur Erlangung der Labels (v.a. Demeter und Biodyvin) stammen nicht von rechtlichen Verordnungen, sondern von den Satzungen der privaten Verbände, die sehr rigoros ausgelegt werden.