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Burgund und Paris – Teil 2

Stadt und Gastronomie

Von den Weinregionen des ersten Teils geht es nun zu den kulinarischen Begebenheiten.

In der alten Aufteilung der französischen Regionen hat das Burgund nach Korsika und dem Limousin die drittniedrigste Bevölkerungsdichte, größere Städte neben der Hauptstadt Dijon sind nicht vorhanden. Dessen sollte man sich bewusst sein, wenn es ums Einkaufen und um Gastronomiebesuche geht. Ein wenig vorausschauende Planung ist notwendig.

Sitzt man dann in einem anständigen Lokal, ist alles gut. Die burgundische Küche ist bekanntlich sehr schmackhaft, Stichwort Boeuf bourguignon (Weinbegleitung: natürlich Pinot noir). Wir bewegten uns in preislich schmerzfreiem Rahmen. Ein paar Beispiele möchte ich Euch näher bringen, inklusive einer passenden Weinempfehlung für Gerichte dieser Art.

Avallon

Ein sehr angenehmes, quirliges Städtchen am Nordrand des Morvan, sehr fotogen mit seiner Altstadt über einer Schleife des Flusses Cousin gelegen. Die Cuisine Angeline in der Nähe des Museums und des Uhrturms hat sich sehr erfolgreich der französischen Küche mit asiatischen und karibischen Einflüssen verschrieben. Exotische Gewürze stehen hoch im Kurs.

Gazpacho, würzig

Weinbegleitung: nicht einfach, gar nicht einfach, die kühle Säure der Tomaten und der Knoblauch verlangen nach einem säurestarken Wein eher kräftiger Statur. Rosé bietet sich an, aber kein gefälliger Allerwelts-Terrassenwein sondern eigenständiger im Auftreten: Amélie Guillot – Rosée Blanche 2019

Gazpacho

Garnelen auf Thai-Art, mit Karotten und Rettich, scharf

Weinbegleitung: Auch keine leichte Aufgabe, vielleicht ein mittelkräftiger Riesling, am besten gefällt mir ein trockener Weißer aus dem Südwesten, der auch einen Hauch Exotik mitbringt: Domaine Bru-Baché – Jurançon sec 2019

Garnelen Thai

Eintopf mit Saucisson fumé (Räucherwurst), Paprika vom Grill, Reis, Linsen Dal und Chili-Ingwer-Sauce, sehr deftig

Weinbegleitung: Da kommt einiges an Aufgaben auf den Wein zu. Also entweder den körperreichsten Weißwein, den man im Keller hat, oder noch besser ein gestandener Roter mit relativ wenig Tannin: Beaujolais Cru, z:B. Domaine Les Capréoles – l’Hydrophobe 2020

Saucisson fumé

Ananas rôti – Geröstete Ananas mit Ingwer und Karamellcreme

Weinbegleitung: Zweierlei Süße, Säure der Ananas und ein bissl Schärfe, das ist wieder anspruchsvoll. Süßwein, der säuremäßig nicht auf Zack ist, hätte seine Probleme, daher: Agapé – Pinot Gris Vendanges Tardives 2018 bzw. um die Ananas noch zu verstärken, die Allzweckwaffe aus dem Südwesten: Domaine Bru-Baché – Jurançon 2019

Ananas roti

Panna Cotta mit Erdbeeren

Weinbegleitung: Zu teils fruchtigen Desserts trinke ich gern auch Crémant mit erkennbarer Dosage (zugesetzter Süße), besonders vom Pinot Noir mit seinen Aromen von roten Beeren: Agapé – Crémant d’Alsace Brut Rosé

Panna Cotta

Dijon

Tags zuvor noch durch die sehr, sehr einsamen Wälder des Naturparks Morvan gegondelt, war dann der Samstagnachmittag in der umtriebigen Hauptstadt des Burgunds beinahe ein Zivilisationsschock. Alles wuselte durch die Fußgängerzonen und Gassen des Zentrums und ließ es sich in den Cafés und Bistros richtig gutgehen. Für den Abend konnten wir gerade noch einen Tisch im L’Bout d’La Rue reservieren. Dort regiert eindeutig die Miesmuschel .

Moules frites in Senf-Estragon-Sauce

Weinbegleitung: Ahh, großartige Muscheln mit hausgemachten Pommes, dazu würde natürlich ein Muscadet von der Loire-Mündung passen, wir nehmen einen weißen Burgunder ohne Holz, frisch, aber mit genug Struktur, um es mit Senf und Estragon aufzunehmen: La Croix Montjoie – L’impatiente 2019

Moules frites

Eine Empfehlung möchte ich für den Besuch des Kunstmuseums im Herzogspalast aussprechen, frisch renoviert, eine umfangreiche, hochwertige Sammlung und Gratiseintritt!

Paris

War Dijon schon stressig für gechillte Burgundtouristen wie unsereiner, setzte Paris dann gleich neue Maßstäbe. Auch nach mehrmaligen Besuchen dieser Stadt versetzt es mich immer wieder in Erstaunen, wie viel Betrieb in den Straßen herrscht. Gastronomiehotspot ist Paris sowieso, alle Küchen der Welt sind großzügig vertreten.

Im Marais, 4. Arrondissement, stolperten wir hungrig ins Café l’Arsenal, bekannt für Hausmannskost der Auvergne (Zentralmassiv). Die Bedienung war sehr ausbaufähig, um es freundlich zu beschreiben, die Speisen okay bis gut.

Jambon grillé mit Erdäpfelgratin

Weinbegleitung: bei einem Schinken vom Grill käme eigentlich ein einfacher roter Burgunder auf den Tisch, mit dem üppigen Gratin war der dazu gereichte Marcillac aus dem Südwesten gerade recht. Oder ein Malbec: Verdier-Logel – Côt-à-Côté

Jambon grillé

Cheeseburger mit Aligot

Vorweg, Franzosen sind grundsätzlich verdammt gute Burger-Brater, nur mit einem Berg Aligot wird es etwas mühselig. Aligot (eine Art deftiges Erdäpfelpüree mit Käse) kommt aus dem hintersten Zentralmassiv, dem Aubrac. Damit sind die Kuhhirten gut durch die harten Winter gekommen. Bei einer Stadtbesichtigung zieht einen der Ziegel im Magen ziemlich hinunter.

Weinbegleitung: Wegen des Aligot wieder ein knackiger Roter aus dem Südwesten, oder auch von der gegenüberliegenden Seite des Zentralmassivs: Verdier-Logel – La Volcanique 2020

Burger Aligot

Der sehr hemdsärmelige Patron setzt in der Weinbar Le Garde Robe, 1. Arrondissement, gleich südlich der neuen Collection Pinault strikt auf Naturweine. Die Speisekarte ist klein, aber pfiffig.

Pâté de Campagne, Landpastete vom Schwein mit Leber

Weinbegleitung: Wir tranken einen weißen Pet Nat aus dem Roussillon, wild kombiniert, aber stimmig. Klassischer wäre ein Beaujolais, bzw. ein roter Loirewein: Domaine du Mortier – Les Pins 2018

Gnocchi alla napoletana (Tomatensauce mit Basilikum)

Weinbegleitung: Etwas süffiges Rotes aus dem Süden: Domaine des 2 Ânes – Premiers Pas 2020

Noch ein Wort zur neuen Museumsattraktion in Paris, der Pinault Collection. Ewig lang stand die markante Rundhalle der Agrarbörse in bester Lage zwischen Louvre und Les Halles mehr oder weniger leer, der Luxusmarkenmilliardär François Pinault ließ den Kuppelbau zu einem beeindruckenden Museum für seine Sammlung moderner Kunst umgestalten.

Chez Delphine, 9. Arrondissement, quasi ums Eck unserer Standardunterkunft, dem Hôtel France Albion, South Pigalle Das Chez Delphine ist eines jener Lokale, die eine gewissenhafte, kleine, saisonale Karte führen. Die Weinauswahl präsentiert sich auch für den Profi sehr spannend, das Service ist freundlich, umsichtig, flink und unaufdringlich. Auf kleinem Raum sitzt jeder Handgriff, die Speisen sind hochqualitativ – in Anrichtung und Geschmack. Da könnten viele pseudogehobene Restaurants in Österreich in die Lehre gehen. Leider keine Fotos.

Dos de cabillaud (Kabeljaurücken), sanft gegart

Weinbegleitung: Ein Heimspiel für weißen Burgunder, bevorzugt ein Chablis: L&C Poitout – Chablis Bienommée 2019

Bavette mit Braterdäpfel

Ein Flanksteak medium rare, aus dem Bauchlappen des Rindes, eignet sich hervorragend, die Küche eines Lokals zu beurteilen. Wenn Fleischqualität und Zubereitung nicht passen, hat man einen zähen Lappen vor sich. Im Chez Delphine war es butterzart, dazu ein Beaujolais Cru Morgon – ein Gedicht.

Weinbegleitung: rote Burgunder oder Beaujolais Cru mit Substanz, daher: Domaine Les Capréoles – Sous la Croix 2019

Ihr habt es schon geahnt, Paris ist definitiv eine gastronomische und vinophile Reise wert. Die Möglichkeiten, Neues zu entdecken, erscheinen schier endlos. Fahrt hin, im Dezember startet die Nachtzugverbindung von Wien aus.

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